Harte Zeiten: Handballer Niclas Reinhardt und sein NHV Delitzsch sind mit Kostensteigerungen konfrontiert.

Zum ersten Mal seit zehn Jahren muss der Verein die Beiträge erhöhen. Vizepräsident Sören Raab fühlt sich vom Staat alleingelassen, die Sponsoren könnten ihr Engagement nicht immer weiter erhöhen.

Delitzsch. Zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt hat der NHV Concordia Delitzsch die Beiträge erhöht. Mitglieder müssen pro Monat drei Euro mehr zahlen, wie auf der jüngsten Mitgliederversammlung beschlossen wurde. Damit sind etwa für Kinder zwischen sieben und 15 Jahren künftig 180 Euro im Jahr fällig. Ab 16 liegt der Jahresbeitrag bei 216 Euro. Der Verein begründet den Schritt mit massiv gestiegenen Kosten und fühlt sich mit seinen Sorgen allein gelassen.

„Das ist eine traurige Entwicklung. Wir hatten keine andere Wahl“, sagt NHV-Vize Sören Raab. „Der Staat zieht sich immer mehr zurück. Vereine bekommen einmal im Jahr einen Schulterklopfer, dafür dass sie verhindern, dass Kinder Blödsinn machen. Und wo wird Integration gelebt, wenn nicht in einem Verein?!“ Die Concorden plagen derweil steigende Kosten an vielen Stellen mindestens ebenso sehr wie die Suche nach Trainern, Schieds- und Kampfrichtern. Finanziell ist es jetzt schon ein Spagat.

Der frisch in den Vorstand gewählte Christian Hornig erklärt: „Nur von Mitgliedsbeiträgen könnten wir den Spielbetrieb nicht aufrechterhalten. Wir sind auf Sponsoren und das Fördersystem von Stadt und Landkreis angewiesen.“ Sören Raab geht sogar noch einen Schritt weiter. „Ohne den ehrenamtlichen Einsatz unserer Fans müsstest du die Beiträge noch viel weiter erhöhen und an die Inflation der letzten zehn Jahre anpassen.“ Auf der anderen Seite vermeldet der Club gerade einen positiven Rekord.

Die Mitgliederzahl ist auf über 340 gestiegen – so viele wie noch nie. Doch im gleichen Atemzug sind mit den Spritpreisen die Fahrtkosten explodiert. Selbst die Hallen kosten den NHV inzwischen exakt 19 Prozent mehr, weil Vereine seit diesem Jahr die Mehrwertsteuer obendrauf zahlen müssen. „Die Firmen, die uns seit langem als Sponsoren die Treue halten, können nicht immer mehr zahlen und dieses Loch ausgleichen“, sagt Raab. Doch nicht nur die Finanzen bereiten den Verantwortlichen Sorgen.

„Du findest keine Trainer. Auch Schiedsrichter und das Kampfgericht zu besetzen, wird immer schwerer. Und wenn du das nicht schaffst, kriegst du eine Strafe vom Verband“, erzählt Raab. Um dem zu entgehen, hat der NHV ein Bonussystem eingeführt. Wer sich als Unparteiischer zur Verfügung stellt, kriegt neben der Aufwandsentschädigung vom Verband pro Spiel zusätzlich zehn Euro vom Verein. So bewegen sich die Concorden in einem sensiblen Spannungsfeld zwischen Beitragserhöhung, Mitgliederrekord und Prämiensystem.

Johannes David / Leipziger Volkszeitung / 05.10.2023 15:06 Uhr