©13.12.2021 Ulrich Milde (Leipziger Volkszeitung) / Foto: ©imago Images/Nordphoto/Jürgen Engler
Der Delitzscher Thomas Oehlrich hilft bis zum Ende des Jahres bei den Füchsen Berlin aus und ist weit mehr als ein Notnagel. Bei der Partie der Berliner gegen Hamburg trug der Kreisläufer nicht unerheblich zum Erfolg bei.
Delitzsch. Die Oberliga-Handballer des NHV Concordia Delitzsch haben momentan Pause. Wegen der Corona-Pandemie ruhen Spiel- und Trainingsbetrieb, die Spieler halten sich individuell fit. Kreisläufer Thomas Oehlrich hatte somit am vergangenen Donnerstag Zeit, um mit Tochter Mia und Ehefrau Claudia Karten zu spielen. Plötzlich klingelte das Telefon. Der Anruf stellte zwar nicht Oehlrichs Welt auf den Kopf, veränderte aber massiv die Wochenendplanung bis zum Jahresende.
Stefan Kretzschmar, Sportvorstand des Bundesligisten Füchse Berlin, bat ihn, in den restlichen vier Spielen 2021 auszuhelfen, beginnend mit der Begegnung gegen den HSV Hamburg am vorigen Sonntag. Der Polizeibeamte sagte nach Rücksprache mit Frau und Arbeitgeber zu und fuhr in die Hauptstadt. „Ich hatte Lust, Zeit und bin fit.“ Das Plazet des NHV hatte er sich ebenfalls eingeholt. „Wir haben uns kurz abgestimmt und dann war das natürlich kein Problem“, berichtete Concordia-Coach Jan Jungandreas und freute sich, dass sein Spieler nicht unerheblich zum 34:30-Erfolg der Berliner beitrug.
Der Hilferuf der Handball-Ikone Kretzschmar hatte natürlich einen Hintergrund. Die Füchse wollten die Partie gegen die Hanseaten eigentlich verlegen, da die Berliner drei verletzte und sieben von Corona betroffene Spieler haben, darunter Nationalspieler Paul Drux. Doch die Handball-Bundesliga lehnte trotz dieses arg ausgedünnten Kaders eine Verschiebung ab, die Begegnung musste in der Max-Schmeling-Halle ausgetragen werden, 2.500 Zuschauer waren dabei und erlebten das Kurz-Comeback von Oehlrich.
Da auf der Auswechselbank ansonsten nur Spieler aus dem eigenen Nachwuchs sitzen würden, wollte Kretzschmar (218 Länderspiele) einen Routinier als Aushilfe holen, der vor allem der Deckung Stabilität verleihen sollte. Seine Wahl fiel auf den 37-jährigen Oehlrich. Die beiden kennen sich gut, denn der gebürtige Oschatzer, der von 2000 bis 2010 in Delitzsch die Schuhe schnürte, war danach für den SC DHfK Leipzig von der dritten bis zur ersten Bundesliga aktiv, bevor er in diesem Sommer zurück an den Lober wechselte. Kretzschmar wiederum war von 2009 bis 2019 Aufsichtsratsmitglied des SC DHfK.
Lob vom Team
Oehlrich kam im Spiel dabei nicht die Rolle des Notnagels zu, der vor allem die Bank warmhalten sollte. Trainer Jaron Siewert gab ihm in beiden Halbzeiten längere Spielanteile. Dabei wusste der Delitzscher, von Sky-Kommentator Markus Götz als „Leipziger“ bezeichnet, zu überzeugen. Der 1,98 Meter große Abwehrhüne packte in der Defensive gewohnt konsequent zu, erhielt auch eine Zwei-Minuten-Strafe. Eine Leistung „ohne Fehl und Tadel, à la bonne heure“ bescheinigte ihm Fernsehmann Götz.
Lob gab es auch aus dem Team. „Er weiß genau, wie der Block funktioniert“, sagte Rückraumspieler Fabian Wiede, „das hat er super umgesetzt.“ Oehlrich selbst meinte ebenfalls, dass sein Einsatz „gut geklappt“ habe. Die Abläufe seien schließlich bekannt.
„Ich freue mich sehr für ihn“, sagte Jungandreas. Das sei ein erneuter schöner Abschied für Oehlrich aus der ersten Liga und trotz allem, was er im Handball bisher erlebt habe, „auch nochmal eine coole Erfahrung“.