Egal, ob links oder rechts: Die Delitzscher Rückraumwaffe beweist ungeahnte Qualitäten und macht es damit jedem Gegner schwer. Mit dem NHV trifft er nun auf den angeschlagenen SV Hermsdorf.
Delitzsch. Er spielt gewissermaßen falsch. Niclas Reinhardt ist Rechtshänder. Doch beim Handball-Oberligisten NHV Concordia Delitzsch wechselt er sich erfolgreich mit Benedikt Schmidt zumeist auf der Rechtsaußen-Position ab, wo üblicherweise Linkshänder antreten. Der frühere Cottbuser ist vielseitig. Beim 31:26-Erfolg am vorigen Wochenende bei Einheit Plauen half er auf der rechten Rückraumposition aus, avancierte mit sieben Treffern zum besten Concorden-Schützen.
„Da hat er auch seine Qualitäten“, lobt Trainer Jan Jungandreas seinen Spieler, der sich am liebsten als Linksaußen sieht. „Das ist meine Königsposition.“ Komplettes Neuland war die Aushilfe nicht. „Das haben wir im Training schon ausprobiert“, berichtet der Lehramtsstudent, der es laut seinem Übungsleiter versteht, „neue Anforderungen umzusetzen“.
Die Favoritenfrage ist unumstritten
Auf Reinhardts Flexibilität setzt Jungandreas auch an diesem Sonnabend beim SV Hermsdorf. Wobei die Zeichen auf einen doppelten Punktgewinn stehen. „Wir können nicht wegdiskutieren, dass wir der Favorit sind“, räumt Jungandreas ein. Schließlich hat sein Kader bislang überzeugt, rangiert mit 7:1 Punkten hinter dem Meisterschaftsfavoriten SV Plauen-Oberlosa (8:0) auf dem zweiten Platz. Die Thüringer dagegen haben 0:8 Zähler, sind Tabellenfünfzehnter. Dahinter folgt nur der Sonneberger HV, der vor Saisonbeginn sein Team zurückgezogen hatte und als erster Absteiger feststeht.
Für Hermsdorfs Coach Mario Kühne sind die Rollen „definitiv klar“. Delitzsch sei super in die Saison gekommen. Sein Verein befinde sich dagegen noch in der Findungsphase. Der Klub hatte acht Abgänge zu verzeichnen, zahlreiche neue Handballer geholt, füllt den Kader regelmäßig mit A-Jugendlichen und Sportlern aus der zweiten Mannschaft auf. Auch Stefan Riedel, der eigentlich seine Laufbahn beendet hat, ist mit dabei, wenn Not am Mann ist. Die Oberliga gilt in der 9000 Einwohner zählenden Kommune als Kraftakt, ähnlich sieht es mit dem Saisonziel aus. „Alles andere als der Klassenerhalt steht nicht auf der Agenda“, sagt Kühn. Sollte der erreicht werden, „wäre das sensationell“.
Nordsachsen haben eine Rechnung offen
Bei all dieser Zurückhaltung wirft Kühn natürlich nicht von vornherein die Flinte ins Delitzscher Korn. Gern erinnert er sich an die vergangene Spielzeit. Da wurden die Nordsachsen mit 28:23 bezwungen. Jungandreas fordert somit dazu auf, den Gegner, der in der Hermsdorfer Werner-Seelenbinder-Halle mit der „tollen Unterstützung“ der Zuschauer rechnen kann, nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Der Chefcoach kann dabei wieder auf Kreisläufer Thomas Oehlrich zurückgreifen. Er hatte in Plauen gefehlt, da er als Co-Trainer der deutschen Mannschaft bei der europäischen Polizeimeisterschaft dabei war. Die Bundesrepublik holte sich nach einer 39:41-Niederlage im Finale gegen Dänemark die Silbermedaille.
Der Einsatz von Ex-Oberlosa-Keeper Carsten Klaus bei Einheit bleibt eine einmalige Sache, wenn auch Jungandreas „wusste, dass auf ihn zu hundert Prozent Verlass ist.“ Weil Denny Alpers fehlt, stellt sich Torwarttrainer Felix Herholz neben Schlussmann Nummer eins, Max Neuhäuser, noch einmal als Spieler zur Verfügung. „Ich hoffe, ich muss Felix nicht einsetzten“, sagt der Übungsleiter schmunzelnd. Gleichwohl weiß er, dass er sich auf den 35-jährigen Routinier verlassen kann.
Die in der Sachsenliga spielende zweite Mannschaft des NHV hat tritt Sonnabend beim HSV Dresden an. „Das wird eine ordentliche Standortbestimmung“, meint Trainer Christian Hornig. Der Aufsteiger hat bislang 0:6 Punkte, ist Zwölfter und Letzter, der HSV liegt auf Rang elf mit 0:4 Punkten. „Wir müssen 60 Minuten hellwach sein und alles abrufen, was in uns steckt“, verlangt Hornig. Aber er sei guter Dinge und fahre „voller Optimismus“ zur Auswärtspartie.
Ulrich Milde / 28.09.2023./ Leipziger Volkszeitung