Jan Jungandreas, Trainer des Handball-Oberligisten NHV Concordia Delitzsch, zieht Bilanz
Stolzer NHV-Trainer: Jan Jungandreas ist mit dem Erreichten zufrieden.foto: Alexander Prautzsch
Delitzsch. Die Enttäuschung hielt nicht lange an. Da unterlagen die Oberliga-Handballer des NHV Concordia Delitzsch im letzten Saisonspiel bei der HG Köthen mit 24:32 und mussten den Vizemeistertitel somit den Gastgebern überlassen. „Wenn mir jemand vor Beginn Platz drei angeboten hätte, dann hätte ich das sofort unterschrieben“, äußert NHV-Trainer Jan Jungandreas große Zufriedenheit mit dem Erreichten. „Wir haben als Mannschaft noch mehr zueinander gefunden, unsere jungen Spieler haben noch mehr Verantwortung übernommen, so dass die Älteren sich ein bisschen zurücknehmen konnten.“ Das sei das Ziel gewesen. Die Bronzemedaille hätten seine Jungs sich verdient, „wir sind darauf stolz“.
Erfolg nach schwieriger Saison
Dabei handelte es sich für die Nordsachsen ohne Zweifel um eine schwierige Saison. Schließlich hatte es vor dem Trainingsauftakt im Juni 2021 eine achtmonatige Pause geben, verursacht von der Corona-Pandemie. „Keiner wusste, wie die Spieler in Tritt kommen, sie mussten sich wieder an handballspezifische Bewegungen gewöhnen“, erinnert sich der Coach. Und er hatte gleich den nächsten Nackenschlag hinzunehmen. Max Amtsberg, der Torschütze vom Dienst im linken Rückraum, verletzte sich beim traditionellen Fußballspiel Alt gegen Jung schwer am Knie, fiel fast die gesamte Saison aus.
Nicht nur er. Steve Baumgärtel, Amtsbergs Pendant im rechten Rückraum, musste wegen mehrerer Blessuren ebenfalls häufig bei den Punktspielen passen. Weitere Ausfälle, von Abwehrchef Thomas Oehlrich bis zu Jungstar Yves Voigtländer, kamen obendrauf. So konnten die Delitzscher selten Spieler mit Gardemaß aufs Parkett schicken, die für leichte Treffer aus dem Rückraum sorgten. „Deshalb haben wir unser System ein wenig angepasst“, berichtet Jungandreas.
Er setzte notgedrungen auf kleinere, aber quirlige Handballer, die fast permanent die gegnerische Abwehr attackierten und so hohen Druck ausübten durch Eins-gegen-Eins-Situationen. Eine Strategie, die aufging. „Wir haben aber auch von unserer starken Deckung einschließlich Torhüter und von unseren Kontern profitiert“, sagt der Coach und kündigt an: „Dieses System, das wir gefunden haben, werden wir auch in der nächsten Saison beibehalten.“ Und wenn dann Amtsberg fit sein wird, „haben wir noch mehr Variabilität in der Offensive“.
Jungandreas verfügte über einen breiten Spielerkreis, der eine erstaunlich positive Entwicklung genommen hat. Ausfälle wurden vor allem durch die jungen Handballer wie Niklas Reinhardt, Malte Wächter, Boris Teichert, Max Beyer und Jacob Griehl kompensiert, die überzeugend in die Bresche sprangen. Sie alle gehören zum Anschlusskader, kommen auch in der zweiten Mannschaft zum Einsatz, die in der Verbandsliga antritt, perspektivisch aber den Sprung in die Sachsenliga schaffen soll.
Die Saison 2021/22 war erneut geprägt von der Pandemie. Die Vorrunde wurde zwar beendet, der NHV holte einen zweiten Platz. Doch dann kam eine lange Pause, und statt der Rückspiele gab es eine Playoffrunde, in der die besten acht Teams den Meister zu ermittelten. Mit der Folge, dass Delitzsch nur zwei Heim-, dafür aber fünf Auswärtsbegegnungen zu absolvieren hatte. „Aber auch daraus haben wir das Beste gemacht“, meint der Trainer. „Wir haben nicht gejammert, sondern auf fast alle Herausforderungen eine gute Antwort gefunden.“
Die größte Entwicklung im Team hat nach Ansicht von Jungandreas der zum HC Burgenland wechselnde Torhüter Marian Voigt genommen. „Er ist einer der besten Keeper der Oberliga geworden.“ In den Playoffs habe Michael Günther überragt. „Aber auch alle anderen Spieler haben überzeugt“, meint der Übungsleiter.
Unterstützung für Jungandreas
Exzellent gelöst hatten die Verantwortlichen eine Herausforderung gleich am ersten Spieltag. Paula, die Tochter von Jungandreas, kam auf die Welt, und hatte gesundheitlich „eine schwere Anfangszeit“, so der Vater. Er nahm sich natürlich die erforderliche Zeit für seine Tochter. Die Mannschaft, Co-Trainer Sven Griehl, viele Vereinsmitglieder unterstützten ihn enorm, sorgten dafür, dass alles rund um das Team weiterlief. „Das hat mir sehr geholfen, ich bin für die Hilfe sehr dankbar.“
Nach der Saison ist bekanntlich vor der Saison. Trainingsauftakt wird Ende Juli sein. Dann werden die Abgänge Steve Baumgärtel (Karriereende), Marius Harig (wechselt nach Calbe), Lukas Kürth (unbekanntes Ziel) und Marian Voigt nicht mehr dabei sein. Schlussmann Felix Herholc wechselt in die Rolle des Torwarttrainer. Das eigene Gehäuse werden künftig Rückkehrer Max Neuhäuser, Vincent Bauer und Malte Tederup hüten. Der 19-Jährige kommt aus der A-Jugendbundesligamannschaft des VfL Potsdam. Linksaußen Vincent Viehweger kehrt aus der zweiten Mannschaft des HC Elbflorenz an den Lober zurück. „Das wird eine wahnsinnig spannende und ausgeglichene Liga“, prophezeit Jungandreas mit Blick auf die Drittligaabsteiger Burgenland und Plauen Oberlosa.
Reden über Ziele
Welches Ziel der NHV ausgeben wird, steht noch nicht fest. Auch nicht, ob mittelfristig die Dritte Liga angepeilt werden soll. „Das ist schon ein Thema, über das wir reden“, berichtet der Trainer. „Wenn wir unseren Kader mit den vielen jungen Spielern zusammenhalten wollen, müssen wir darüber nachdenken.“ Allerdings handele es sich um einen Riesenschritt. Da müssten Strukturen im Verein angepasst werden und, nicht zuletzt, seien auch die finanziellen Herausforderungen erheblich höher. „Da sind andere Vereine in der Oberliga deutlich weiter als wir“, meint Jungandreas.