So nutzen Spieler des Oberligisten NHV Concordia Delitzsch die handballfreie Zeit: Amtsberg outet sich als Petrijünger, Zugang Kalliske steht gern mit der Freundin am Herd.
Seit vier Wochen ist das Training des Handball-Oberligisten NHV Concordia Delitzsch ausgesetzt. Punktspiele finden angesichts der Pandemie ebenfalls nicht statt. Wir haben bei einigen Handballern nachgefragt, wie sie die Umstellung verkraftet haben, wie sie sich fit halten.
„Es ist sehr ungewohnt, so viel zuhause zu sein“, berichtet Martin Müller (29). Der Abwehrchef hat aber gut zu tun, „da ich mich auf meine Abschlussprüfung vorbereite“. Zudem nutzt er die Gelegenheit, etwas zu lesen. Sein privates Trainingsprogramm versucht er, abwechslungsreich zu gestalten. Entweder zieht er in den eigenen vier Wänden eine Dreiviertelstunde ein Kraft- und Stabilisierungsprogramm durch. „Oder ich gehe im Park laufen“. Am liebsten – und das dreimal wöchentlich – fährt er aber mit den Inlinern am Markkleeberger oder Cospudener See. „Das ist auch eine Möglichkeit, sich zu bewegen und an die frische Luft zu kommen.“ Schließlich brauche er einen Ausgleich, da es ja keinen Handball gebe.
Als „definitiv außergewöhnlich“ empfindet Jan Derk Janßen (25) die Situation. Der Handball fehlt ihm schon sehr, „da man normalerweise mehrmals die Woche seine Teamkollegen sieht, und vom einen auf den anderen Tag ist jeglicher direkter Kontakt zu vermeiden“. Normalerweise treffe er sich an spielfreien Wochenenden mit Freunden und Teamkollegen, um Sport im Fernsehen oder live anschauen, aber auch das sei momentan ja leider nicht möglich. Janßen ist deshalb zu seinen Eltern gefahren. „Dort mache ich Homeoffice und kann bei schönem Wetter auch mal in den Garten.“ Zum Erhalt der Fitness geht er mehrmals die Woche joggen und macht dazu verschiedene Stabilisations- und Kraftübungen. „Das Handballtor im Garten meiner Eltern hat den letzten Winter leider nicht überlebt, sonst hätte ich das mit Sicherheit auch ab und zu mal genutzt“, schmunzelt der gebürtige Niedersachse.
Der handballfreien Zeit gewinnt Niklas Prautzsch (23) etwas Gutes ab. „Man kann wieder etwas Kraft tanken und hat mehr Zeit für andere Dinge, die sonst zu kurz kamen“, sagt er und ist der Überzeugung, dass es zurzeit „tatsächlich Wichtigeres gibt als den Sport“. Zwei- bis dreimal die Woche steht eine Kraft- und Laufeinheit an. „Ansonsten nutze ich das gute Wetter auch für andere Sportarten wie Radfahren und Inliner fahren, um etwas Abwechslung zu bekommen.“
Mit viel Gelassenheit hat sich Oliver Wendlandt (33) auf die veränderte Lage eingestellt. Natürlich fehle ihm das Training, aber ansonsten sei das „gar nicht so schlimm“. Er ist bei schönem Wetter viel im Garten, bereitet dort schon einiges für die Sommersaison vor. „Ansonsten hat man viel Zeit zum Entschleunigen und Nachdenken“, sagt der scheidende Kreisläufer. Aktiv ist er auch, indem er mehrmals wöchentlich läuft und zudem regelmäßig ein halbstündiges Fitnessprogramm mit körpereigenen Gewichten und Stabilisationsübungen durchzieht.
Durch das Kontaktverbot verbringt Benedikt Schmidt (29) die meiste Zeit in der Wohnung, „was die Möglichkeiten stark einschränkt“. Seine Tätigkeit als Werkstudent bei Dell in Halle könne er jedoch zum Glück auch aus dem Homeoffice durchführen. Fit hält der torgefährliche Rechtsaußen sich mit Freeletics, also einer Trainingsmethode, bei der nur mit dem eigenen Körpergewicht gearbeitet wird. Gelegentliches Joggen mit dem Hund „ist eine willkommene Bewegung“.
Maximilian Amtsberg (20) räumt unumwunden ein, dass ihm das Training unter der Woche fehlt. „Das macht sich sehr bemerkbar“, sagt der wurfgewaltige Rückraumspieler. In seiner freien Zeit angelt er viel. „Hier in der Umgebung gibt es ja genug Gewässer zu erkunden.“ Ferner geht er alle zwei Tage eine Stunde lang joggen und verbinde das meist mit einer kleinen Athletikeinheit im Park. Bei schlechtem Wetter wird daraus ein Intervalltraining in der Wohnung.
Die momentane Situation ist natürlich für einen Sportler, der kurz davor steht, etwas Großes zu beenden, „eine Katastrophe“. Damit spielt Routinier Steve Baumgärtel (36) darauf an, dass die Mannschaft derzeit auf Rang zwei liegt und eigentlich Chancen auf den Meistertitel hat. „Das, was gerade auf der Welt los ist, ist aber wichtiger als irgendeine Saison und daher kann man damit besser umgehen, als würde man verletzt nicht mehr der Mannschaft helfen können.“ Baumgärtel sagt, dass er „zum Glück“ noch normal arbeiten gehen könne, sodass seine Woche ähnlich sei wie immer. „Am Wochenende ist es schon surreal, wenn einem zu Recht verboten wird etwas zu unternehmen, und man dafür zu Hause bleiben muss, obwohl man alle Zeit der Welt hat.“ Und natürlich vermisse er „seine Jungs, mit denen man sonst ja fast täglich zusammen ist“. Er hält durch WhatsApp-Gruppen Kontakt, „das hilft ein wenig“.
Auch wenn niemand weiß, ob die Saison weitergeht, läuft Baumgärtel an ungeraden Tagen eine sieben Kilometer lange Runde „mit persönlichen Vorgaben von mir, sonst brauch ich es nicht zu machen“. An gerade Tagen absolviert er Zuhause ein Kraftprogramm. „Außerdem freut sich mein Körper auch, mal nicht in der Halle zu sein, um handballspezifische Dinge zu machen.“ Er habe sich in der trainingsfreien Zeit sehr gut regeneriert.Ganz pragmatisch hat sich Max Kalliske (23) auf die veränderte Situation eingestellt. „Also, die Zeit wird mehr mit der Freundin genutzt“, berichtet der Kreisläufer, der im Sommer zum NHV wechselt und derzeit noch beim Drittligisten HSC Bad Neustadt unter Vertrag steht. Wenn er sonst nach dem Training nach Hause kommt, ist es mindestens 21 Uhr, es wird gegessen und dann geht es ins Bett. „Jetzt haben wir gemeinsam Zeit zu kochen und zusammen zu essen. Außerdem erledigen wir die Läufe zusammen, um fit zu bleiben.“ Das erfolgt bis zu vier Mal pro Woche.
Ulrich Milde©
Leipziger Volkszeitung