Kleines Tete-à-Tete zweier Riesen: Delitzschs Max Amtsberg (l.) im Austausch mit Martin Danowski.

Oebisfeldes Trainer und sein Team verzweifelten am Primus der Handball-Regionalliga. Der Kantersieg am Samstag gelang auch, weil die Delitzscher den wohl wichtigsten Spieler des SV Oebisfelde neutralisierten.

Es schien, als ob die Krise beim Volkswagen-Konzern ihre Kreise bis in die benachbarten Sportvereine zieht: Die Handball-Regionalligisten aus Oebisfelde – ein großer Teil der Bevölkerung arbeitet beim nur 20 Kilometer entfernten Autoriesen – holte sich in eigener Halle gegen den NHV Concordia Delitzsch eine deutliche 25:35 Packung ab. Damit haben die Nordsachsen den sechsten Sieg im sechsten Spiel eingefahren und liegen mit drei Zählern Vorsprung souverän an der Tabellenspitze. Gerade in der ersten Halbzeit machten die Concorden einen Klassenunterschied deutlich.

Als ob ein nur mäßig motorisierter Kleinwagen es mit einem PS-starken Power-Porsche aufnehmen wollte, so ging der SV Oebisfelde gegen den NHV Delitzsch unter. „Unsere erste Halbzeit war zum Vergessen“, räumte Oebisfelde-Trainer Christian Herrmann ein. Sein Team habe allein elf schnelle Gegenstöße kassiert, stöhnte er. „Wir haben nicht das gespielt, was wir uns vorgenommen hatten.“

NHV Delitzsch nimmt Oebisfelder Kreisläufer aus dem Spiel

Das wiederum gelang den Gästen. Sie setzen auf ihre bekanntlich starke Abwehr und rasante Konter. „Unsere Defensive war überragend“, kommentierte Trainer Jan Jungandreas. Tatsächlich kam Oebisfelde im Angriff nicht auf Touren, drehte häufig im Leerlauf, wusste oftmals nicht, wohin mit dem Ball. „Wir haben uns zu viele technische Fehler geleistet“, bemängelte deren Trainer Herrmann. Die Delitzscher Deckung bremste die Offensivbemühungen immer wieder aus und der Rückraum der Gastgeber wurde gekonnt neutralisiert. Am Torraum verstand es der Mittelblock der Concorden mit Niklas Thomas Oehlrich und Niklas Seifert, den wurfgewaltigen SV-Kreisläufer Martin Danowski weitgehend aus dem Spiel zu nehmen. „Der NHV hat es gut verstanden, die Pässe auf mich zu unterbinden“, gestand der 31-jährige gebürtige Magdeburger, der früher bei der HG Köthen und davor bei Einheit Plauen unter Vertrag gestanden hatte. Zudem vernagelte Max Neuhäuser das Delitzscher Gehäuse mit elf Paraden.

Mit 17:8 für den NHV ging es in die Pause – das Duell war zu diesem Zeitpunkt schon entschieden. Danach ließen die Delitzscher es etwas ruhiger angehen, leisteten sich einige missglückte Pässe und packten hinten nicht mehr ganz so engagiert zu. „Wenn man so deutlich führt, lässt etwas die Konzentration nach“, erklärte Jungandreas. Das sei leider wohl nicht zu vermeiden. Der Coach nutzte die Gelegenheit, um dem gesamten Kader Spielanteile zu bieten. So kam Axel Ramos Schwirtz, der sonst das Tor der zweiten Herrenmannschaft hütet, zu einer längeren Einsatzzeit und parierte dabei einen Strafwurf von Danowski. „Das war schön, dass ich länger auf der Platte war“, sagte der Schlussmann.

Ziel von Aufsteiger Oebisfelde ist laut Danowski „ganz klar der Klassenerhalt“. Der ist mit bis jetzt 6:6 Punkten in Reichweite. „Und die zweite Halbzeit gegen Delitzsch macht uns Mut“, so Herrmann, der das Lob für den NHV nicht vergaß. „Das ist ein absolutes Top-Team.“ Wenn die Mannschaft ins Laufen komme, dann sei sie kaum zu schlagen. „Delitzsch agiert wie eine Spitzenmannschaft“, schloss sich der Oebisfelder Kreisläufer Danowski dieser Einschätzung an. Jungandreas wiederum zeigte sich mit der Leistung „sehr zufrieden“. Bleiben Krisen aus, nimmt die Fahrt unaufhaltsam Kurs Richtung Meisterschaft.

NHV Delitzsch: Neuhäuser, Alpers, Ramos Schwirtz; Karl (1), Eulitz (3), Seifert (3), Amtsberg (8/4), Prautzsch (1), Bielicki (2), Zierau (2), Oehlrich (2), Griehl (2), Hanner (3), Viehweger (1), Reinhardt (7).

Ulrich Milde / 20.10.2024 / Leipziger Volkszeitung