Platz zwei in der Oberliga und deutlich mehr Fans in der Halle: Der NHV Delitzsch überzeugt sportlich und hat dennoch an einigen Stellen Luft nach oben. Wäre der Club strukturell bereit für den Aufstieg?
Delitzsch. In den vergangenen zwei Spielzeiten holte sich der NHV Concordia Delitzsch jeweils die Bronzemedaille. Gegenwärtig liegen die Handballer sogar auf Rang zwei der Oberliga mit 24:6 Punkten, nur zwei Zähler hinter dem SV 04 Plauen-Oberlosa. „Diese Frage kommt ja regelmäßig“, antwortet NHV-Cheftrainer Jan Jungandreas angesichts der jüngsten Erfolgshistorie regelmäßig, wenn jemand wissen will, ob die Mannschaft vielleicht nicht in dieser, dann aber in einer der kommenden Saisons den Aufstieg in die dritte Liga anpeilt.
„Wir haben viele, viele Spieler, die irgendwann dort spielen wollen“, antwortet Jungandreas. Und „auch ich als junger Trainer habe dieses Ziel“, so der 36-Jährige. Natürlich würde die Truppe sich wünschen, „wenn wir irgendwann die Chance haben aufzusteigen, dass wir das auch machen können“.
Sprung in dritthöchste Staffel ist ein „großes Ding“
Allerdings sind die Hürden hoch. „Alle Vereine wissen, dass der Sprung in die dritthöchste Staffel wirtschaftlich und von den Strukturen her ein großes Ding ist.“ Nach Corona, dem Krieg in der Ukraine und dem Nahost-Konflikt „ist es nicht einfacher geworden, Sponsoren zu finden“. Deshalb falle es vielen Klubs schwer, den Aufstieg auf Teufel komm raus zu wollen. Überdies sei es nötig, schon in der Oberliga einen Kader für die höhere Klasse zu haben, der nur noch punktuell ergänzt werden müsse. „Der Kern muss stehen.“
Das Argument, die dritte Liga sei wegen langer Fahrten nicht so attraktiv wie die Oberliga, lässt Jungandreas so nicht mehr gelten. Schließlich seien in der Nordoststaffel etwa Anhalt Bernburg, der HC Burgenland, die zweiten Mannschaften vom SC Magdeburg und vom SC DHfK Leipzig vertreten – auch da locken also viele Derbys.
Jungandreas ist mit Mannschaftsleistung zufrieden
Vor dem Start ins Jahr 2024 gegen Aschersleben am Sonnabend freut sich der Delitzscher Übungsleiter über die Leistung seiner Mannschaft in der bisherigen Saison. „Meine Erwartungen wurden übertroffen.“ Dass er ein gutes Team habe, „das habe ich gewusst“. Allerdings handele es sich „um eine schöne Momentaufnahme“ – mehr nicht. Denn „wir haben in vielen Bereichen noch Luft nach oben“.
So mangelt es gelegentlich an Konstanz. Da liegt der NHV, etwa kürzlich Freiberg, klar in Führung, um dann nachzulassen. Wobei es trotzdem noch zum Sieg gereicht hat. „Der Kader ist dieses Jahr nicht so breit“, begründet der Coach. Verletzungen wie der Nasenbeinbruch von Max Amtsberg kämen obendrauf. Das habe Auswirkungen auf die Trainingsgestaltung. „Wir müssen von Woche zu Woche schauen, wer wann da ist, um uns auf die Spiele vorzubereiten.“ So hätten in Freiberg zwischenzeitlich Niklas Seifert, Jacob Griehl und Lukas Gorecki den Rückraum gebildet. „Sie haben vorher so noch nie zusammengespielt.“
Meistertitel nicht ausgeschlossen
Nicht vergessen werden dürfe, dass viele seiner Handballer noch sehr jung seien, wodurch es an Erfahrung mangele. „Der Kern der Mannschaft ist zwischen 19 und 25 Jahre.“ Es komme darauf an, sie individuell und als Team Stück für Stück zu verbessern. Der NHV könne in der Rückrunde „noch ein Stück drauflegen, wenn wir verletzungsfrei bleiben“, schickt Jungandreas eine Kampfansage an die Liga. Die Mannschaft habe gezeigt, „dass sie Bock darauf hat, die Saison bestmöglich abzuschließen“.
Was den Meistertitel nicht ausschließt. Aber da müsse schon viel zusammenpassen. Als Favorit betrachten die Concorden den SV 04 Plauen-Oberlosa. „Da muss schon viel passieren, damit sie den Aufstieg nicht schaffen.“ Andererseits haben die Vogtländer auch schon Punkte abgegeben, unter anderem in Delitzsch nur Unentschieden gespielt.
Unverzichtbar: Der Delitzscher Fanclub gibt den Spielern Sicherheit.
© Quelle: Jörg Weichelt
Weiße Weste in eigener Halle
Die Nordsachsen sind in eigener Halle noch ungeschlagen und überzeugen zumeist mit einem temporeichen Spiel. Das lockt offenkundig immer mehr Besucher an. Kamen in der vorigen Saison im Schnitt noch 350 zahlende Zuschauer, so sind es jetzt bereits 416. Vereinsmitglieder haben freien Eintritt und müssen dazugerechnet werden. Gegen Plauen-Oberlosa verfolgten so über 700 Fans die Partie. Eine wichtige Rolle kommt dabei dem Fanclub „Loberhaie“ zu. „Die wahnsinnige Unterstützung, auch auswärts, gibt den Jungs Sicherheit“, meint der Trainer.
Der Gesamtverein befindet sich 13 Jahre nach der Gründung laut Jungandreas, der auch in der Nachwuchsarbeit aktiv ist, auf einem guten Weg, „auch wenn wir noch Luft nach oben haben“. Aber es gehe Stück für Stück aufwärts. Gerade bei Kindern und Jugendlichen stehe der NHV hoch im Kurs. Bei den Kleinsten gebe es einen sehr guten Zulauf, da seien schon Wartelisten nötig gewesen. „Wir sind als Verein bestrebt, uns immer weiter zu verbessern“, sagt der Trainer. Was einen Aufstieg offenkundig nicht ausschließt.
Ulrich Milde / 15.01.2024 / Leipziger Volkszeitung