Vulkan am Spielfeldrand: Jan Jungandreas.

Trainer Jan Jungandreas ist mit der Entwicklung des NHV Concordia Delitzsch zufrieden, warnt aber gleichzeitig vor Übermut. Im Interview blickt er zurück und voraus und spricht über seine Zukunft als Trainer.

Delitzsch. Seine Mannschaft hat sich in der vergangenen Saison „ganz viel Respekt erarbeitet“. Das sagt Jan Jungandreas, Trainer des Handball-Oberligisten NHV Concordia Delitzsch. Was er mit dem Team noch erreichen möchte und welche Ambitionen er selbst hat, darüber hat die LVZ mit ihm im Interview gesprochen.

Der NHV hat wie im Vorjahr Platz drei belegt. Wie zufrieden sind Sie?

Ich bin definitiv sehr zufrieden. Vor allem, wenn ich mir die Entwicklung der Mannschaft anschaue. Wir sind nicht schlecht in die Saison gestartet, haben ein paar Spiele ganz knapp verloren. Da sind wir ein bisschen an uns selber gescheitert.

Gegen Ende der Hinserie gab es eine Schwächephase.

Da hatten wir eine Minikrise und sind ins Niemandsland der Liga gerutscht. Aber wir haben uns herausgearbeitet, von Spiel zu Spiel mehr Sicherheit geholt. So haben wir in der Rückrunde nur eine Niederlage kassiert und unsere Leistung mit Platz drei gekrönt. Die Mannschaft hat sich ganz viel Respekt erarbeitet. Schließlich waren nur die Drittligaabsteiger Burgenland und Plauen-Oberlosa vor uns.

Ziel für die neue Saison: „Werden uns wieder ganz viel vornehmen“

Prunkstück war die Abwehr? Sie hat ligaweit die wenigsten Gegentore zugelassen.

Da ist allerdings zu berücksichtigen, dass unser Heimspiel gegen Bad Blankenburg ausgefallen war, da die Gäste abgesagt hatten. Diese Partei wurde mit 2:0 Punkten und 0:0 Toren gewertet. Wäre die Begegnung ausgetragen worden, hätte Plauen-Oberlosa die beste Deckung gehabt. Aber klar, unsere Defensive war sehr, sehr stark. Es gibt noch einen weiteren wichtigen Aspekt.

Welchen?

Wir haben es in der Rückrunde immer geschafft, an die 30 Tore zu erzielen. Da haben wir einen klaren Schritt nach vorne gemacht. Ich sehe das Verhältnis zwischen Abwehr und Angriff inzwischen als pari-pari an.

Auffällig war, dass es gegen die starken Gegner gut lief, gegen die Schwächeren jedoch gelegentlich schwächer.

Manchmal haben wir wohl gedacht, da es gegen die Starken gut lief, geht es gegen die vermeintlich Schwächeren von alleine. Dem ist nicht so. Wir sind eine Mannschaft, die extrem über den Willen kommt.

Zumal die Oberliga sehr ausgeglichen war.

Das stimmt, sie ist wahnsinnig ausgeglichen. Da musst man in jedem Spiel von Anfang an präsent sein, sonst geht es schnell nach hinten los.

Wer hat die größten Fortschritte gemacht?

Wir als Mannschaft, unabhängig davon, dass auch die Spieler individuelle Fortschritte gemacht haben. Nehmen wir unsere Torschützen: Max Amtsberg ist vorneweg, aber ansonsten ist das sehr ausgeglichen. Da sticht mal der eine heraus, am nächsten Spieltag der andere. Das ist genau das, was wir wollen. So sind wir flexibel und schwerer ausrechenbar.

Leistungsträger Yves Voigtländer wird dem NHV verletzungsbedingt noch länger fehlen.

Leistungsträger Yves Voigtländer wird dem NHV verletzungsbedingt noch länger fehlen.

© Quelle: Alexander Prautzsch

Nach Platz drei soll in der nächsten Saison ganz oben angegriffen werden?

Wir werden uns auf jeden Fall wieder ganz viel vornehmen. Aufgrund der Abgänge von Martin Müller und Daniel Sowada sowie des längeren Ausfalls des verletzten Yves Voigtländer müssen wir schauen, dass wir uns schnell wieder finden. Es darf auch nicht mehr viel passieren, was Verletzungen angeht. Mehrere Jahre hat uns die Größe des Kaders ausgezeichnet, das ist ein Stück weit verloren gegangen. Auf der Gegenseite haben dadurch einzelne Spieler die Chance, noch näher heranzurücken. Wir wollen uns als Mannschaft weiterentwickeln, aber nicht das Ziel setzen, ganz oben stehen zu wollen.

Das Team würde sich aber auch nicht wehren?

Nein, natürlich nicht. Aber die Saison geht bei null los. Plauen will aufsteigen, andere Vereine haben sich verstärkt. Die Liga ist sehr ausgeglichen, es kann ganz schnell in die andere Richtung gehen.

Die zweite Mannschaft hat den Aufstieg in die Sachsenliga geschafft. Was bringt das dem Oberliga-Team?

Damit soll der Sprung für unsere jungen Spieler im Anschlusskader zur ersten Mannschaft kleiner werden. Das halte ich für extrem wichtig. Sie haben stärkere Gegner, werden mehr gefordert.

Zukunft von Jungandreas: „Wenn Anfragen kämen, würde ich mir Gedanken machen“

Sollte aus sportlichen Gründen die dritte Liga angepeilt werden, zumindest mittelfristig?

Wenn man die Chance hat, wäre es schön, das zu machen. Aber man muss auch schauen, ob die Rahmenbedingungen ringsherum passen, ob es aus wirtschaftlicher Sicht machbar wäre. Fakt ist, dass wir, obwohl wir in den vergangenen vier Jahren drei Medaillen geholt haben, vom Etat her ins Mittelfeld der Liga gehören. Ich weiß, dass viele meiner Spieler das Ziel dritte Liga haben, ich als junger Trainer auch und am liebsten mit Delitzsch. Schauen wir, ob wir das in den nächsten Jahren so entwickeln können.

Wie sieht die Zukunft des Trainers Jan Jungandreas aus?

Ziel ist als Sportler immer, sich zu entwickeln, also nach dem Höchstmöglichen zu streben. Natürlich gilt das auch für mich. Andererseits habe ich dem Verein viel zu verdanken. Er hat mir das Vertrauen geschenkt, direkt nach meiner Spielerkarriere das Traineramt zu übernehmen. Außerdem habe ich starke familiäre Bindungen hier in Delitzsch.

Also ist ein Wechsel für zumindest längere Zeit ausgeschlossen?

Man sollte niemals nie sagen. Wenn Anfragen kämen, würde ich mir Gedanken machen, momentan gibt es aber keine. Ich bin zu 100 Prozent hier in Delitzsch.

20.06.2023 / Ulrich Milde / Leipziger Volkszeitung