NHV-Trainer Jan Jungandreas darf momentan weder Handballer trainieren noch seinem Job im Fitness-Studio nachgehen
Von Johannes David
Trainer Jan Jungandreas kann mit seinem Team momentan keine Erfolge bejubeln.
Foto: Alexander Prautzsch
Am Horizont sind pechschwarze Wolken aufgezogen und wann sie vorüberziehen, ist ungewiss. Saurer Regen prasselt unaufhörlich darnieder und seine langfristigen Folgen sind nicht abzusehen.
Vielleicht ein etwas düsterer Vergleich, doch die möglichen Auswirkungen der neuerlichen Corona-Beschränkungen in Sport und Wirtschaft werden langsam greifbarer. Mehr noch, manch einer kann kaum mehr die dystopischen Gedanken vertreiben.
„Als ich die neue Verordnung gelesen habe, musste ich mich echt zusammenreißen“, sagt Jan Jungandreas und zählt auf: „Sport mit Erwachsenen verboten, Sport mit Kindern verboten. Mir wird da ganz viel genommen, es geht um meine Existenz.“
Jungandreas, 32, ist Trainer des Handball-Oberligisten NHV Concordia Delitzsch und außerdem in einem Fitness-Studio angestellt. Beidem darf er momentan nicht nachgehen und gerät ins Grübeln. „Ich bin mir sicher, dass alle meine Kunden und die Kinder, die bei uns im Verein Sport treiben, zurückkommen. Aber für meine Arbeitgeber wird es nicht einfacher. Sie werden viele Probleme bekommen. Darüber mache ich mir natürlich Gedanken und es ist nicht einfach, damit umzugehen.“
Selbst die positiven Nebeneffekte, immerhin hat er jetzt mehr von seiner Familie, vermögen den früheren Zweitligaspieler nur bedingt zu trösten. „Das ist natürlich schön. Sonst haben meine Freundin und die Kinder nicht viel von mir, weil ich unter der Woche erst 21 Uhr zu Hause bin und am Wochenende bei den Spielen“, erzählt Jungandreas, schränkt aber im gleichen Atemzug ein: „Es ist nicht einfach, das jetzt zu genießen, wenn du nicht weißt, wie die Zukunft aussieht.“
Richtig kompliziert wird es, wenn man sich umschaut und den Überblick verliert. Schließlich sind die Regelungen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.
In Thüringen etwa dürfen Mädchen und Jungen unter 18 Jahre seit 9. November wieder im Verein Sport betreiben. „Das ist total schön für die Kinder in Thüringen. Denn die Kinder sind am härtesten betroffen, ihnen fehlt der Ausgleich in der Freizeit. Das ist traurig. Und die Undurchsichtigkeit der Regelungen macht es schwer, eine ganz klare Strategie dahinter zu erkennen“, sagt Jan Jungandreas.
Damit die Talente des NHV Concordia Delitzsch zumindest ein wenig an den Handball im Verein erinnert werden, schickt er ihnen jeden Sonntag kleine Videobotschaften mit Aufgaben für das sportliche „Homeoffice“. Wie die Saison für das Oberliga-Team weitergeht, vermag der Coach nicht zu prognostizieren. „Wenn der Trainingsbetrieb noch im Dezember flach liegt, wird es ganz, ganz schwierig. Dann haben wir wieder zwei Monate Pause und können nicht einfach 14 Tage später wieder in den Spielbetrieb einsteigen, sonst würden wir sehr viele, sehr schlimme Verletzungen riskieren. Handball ist nun mal ein Kontaktsport, den kannst du nicht alleine simulieren.“
Darf im Dezember wieder trainiert werden, „sollten 14 Tage reichen. Auch wenn das natürlich alles nicht optimal für den Rhythmus ist.“ Aber damit müssen ja alle klar kommen. Die Existenzängste dagegen treffen längst nicht jeden.
Um zum anfänglichen Vergleich zurückzukehren. Die Folgen des sauren Regens, der in Deutschland in den 1980er-Jahren begann, Umweltschäden anzurichten, sind auch heute noch zu spüren.
Sorgen um die Existenz und die Zukunft darf man sich natürlich auch dann machen, wenn die unmittelbaren Auswirkungen bislang nicht oder nur in Ansätzen zu spüren sind.