Handball-Oberliga: Delitzschs Trainer Jan Jungandreas lässt seine Mannschaft inzwischen beim Feiern immer mal alleine und erklärt, warum die dritte Liga für den Verein noch zu früh gekommen wäre.Seine erste Saison als Trainer im Herrenbereich hat Jan Jungandreas mit der Vizemeisterschaft in der Handball-Oberliga beendet. Im Interview spricht der 32-jährige Erfolgscoach des NHV Concordia Delitzsch über freudige Ereignisse, verpasste Chancen, den Aufstiegsverzicht und eigene Ambitionen.
Der NHV hat die Saison als Vizemeister abgeschlossen. Der Trainer ist zufrieden?
Jan Jungandreas: Sehr zufrieden. Platz zwei hatte vor Saisonbeginn niemand erwartet.
Ausschlaggebend war der Top-Start mit zwei Auswärtssiegen in Folge?
Unsere Erfolge in Köthen und Plauen – beide gehören zu den schwierigsten Auswärtspartien in der Oberliga – haben uns Rückenwind gegeben. Das Team hat da gemerkt, dass es gegen die Top-Teams mithalten kann, auch auswärts.
Zwischendurch gab es einen kleinen Hänger.
Leider. Aber: Unsere Spieler sind keine Profis. Schon in der Vorbereitung hatte sich angedeutet, dass es auch mal ein Wellental geben könnte. Schließlich gab es ein neues Trainer-Duo, wieder eine fast komplett neue Mannschaft. Es ist normal, dass dann mal die Konstanz fehlt. Zumal wir viele junge Spieler haben.
Es hätte auch Platz eins sein können, wenn die Saison weitergegangenwäre?
Das ausgefallene Spiel gegen den HC Burgenland, den Meister, wäre natürlich ein absolutes Highlight gewesen. Aber auch danach hätten wir ein schwieriges Restprogramm gehabt. Sicherlich wäre der Meistertitel drin gewesen, aber auch Platz drei.
Warum wollte der NHV nicht aufsteigen?
Unsere Top-Platzierung hatte keiner erwartet. So war die Vorbereitungszeit für die dritte Liga viel zu kurz. Trainingsaufwand, Finanzen – da hätten wir mehr Professionalität benötigt. Zudem ist für einige ältere Spieler die dritte Liga wegen des höheren Aufwands kein Thema mehr.
Was war das schönste Erlebnis in der Saison?
Da fallen mir spontan zwei ein. Unser Spiel gegen Bad Blankenburg. Wir lagen mit fünf Toren zurück und haben das Spiel kurz vor Schluss noch gedreht und gewonnen. Und: Das erste Tor von Jan Derk Janßen nach zweijähriger Verletzungspause.
Die Mischung aus Jung und Alt hat sich bewährt?
Auf alle Fälle. Junge Spieler, die ehrgeizig sind und das Ziel haben, irgendwann dritte oder sogar zweite Liga zu spielen, und ältere Spieler, die zum Teil Erstligaerfahrung haben und den jüngeren ganz viel mitgeben können – diese Kombination hat sich bewährt. Diese Mischung möchten wir auch in den nächsten Jahren beibehalten.
Welcher Spieler hat den größten Sprung nach vorn gemacht?
Das waren mehrere. Niklas Prautzsch hat sich als erster Mittelmann etabliert und ist jetzt ein Führungsspieler. Moritz Brodowski am Kreis. Marian Voigt, der eine richtig gute Entwicklung genommen und sich seinen Platz als Nummer eins im Tor wirklich verdient hatte. Auch Maximilian Amtsberg hat sich gut gemacht. Daniel Sowada ist mittlerweile ein absoluter Führungsspieler. Tobias Karl hat ebenfalls einen Sprung nach vorne gemacht.
Vorige Saison noch Spieler, dann Trainer des Teams – war das ein riskantes Experiment?
Spannend war das auf jeden Fall, auch gewagt. Aber mit meinem Co-Trainer Maik Kroke habe ich einen guten Coach an meiner Seite. Zudem hatte ich von älteren Spielern wie Martin Müller, Felix Herholc und Frank Grohmann ebenso volles Vertrauen wie vom Vorstand. Mike und ich haben versucht, an uns zu arbeiten. Die ersten beiden Siege haben natürlich auch uns als Trainer Sicherheit gegeben.
Hat sich die Trainertätigkeit im Laufe der Saison verändert?
Die Distanz von Spieler zu Trainer verändert sich schon. Ich möchte nicht immer dabei sein, wenn die Jungs feiern und ich muss auch nach dem Training nicht in der Kabine dabei sein. Die Spieler sollen dort auch mal über die Trainer reden können.
Ist die nächste Saison, wann immer sie auch startet, finanziellabgesichert?
Laut den Signalen, die wir vom Verein bekommen haben, stehen wir auf gesunden Beinen. Dem vertrauen wir zu einhundert Prozent.
Oliver Wendlandt geht, dafür kommt Max Kalliske vom Drittligisten Bad Neustadt. Was ist noch geplant?
Nichts weiter. Was passieren könnte, sollte die Staffel auf 18, 19 Mannschaften hochgehen, wissen wir noch nicht. Dann würden wir vielleicht noch einmal tätig werden.
Wer Vizemeister ist, gehört nächste Saison zum Favoritenkreis?
Das ist automatisch so. Daran müssen wir uns gewöhnen. Trotzdem werden wir uns mit Aussagen wie „Wir wollen Platz eins“ zurückhalten. Das Ziel bleibt, die jungen Spieler zu fördern und attraktiven Handball zu bieten.
Der Aufstieg in die dritte Liga ist aber nicht für alle Zeiten ausgeschlossen?
Wenn wir uns in der Oberliga im oberen Drittel etablieren, wird es problematisch, jedes Mal zu sagen, wir wollen nicht. Dann wäre es für die jungen Spieler schwierig, die nötige Motivation zu finden, für uns als Trainer ebenfalls. Dessen ist sich der Vorstand bewusst. Da sollte der Verein Stück für Stück weitere Schritte gehen, um es dann doch mal in der dritten Liga zu probieren.
Welche persönlichen sportlichen Ziele hat Trainer Jan Jungandreas?
Ich bin 32 Jahre alt und möchte ausloten, was geht. Ich will mich jedes Jahr als Trainer weiterentwickeln, meinen eigenen Stil finden, wie meine Mannschaften Handball spielen. Wo die Reise mal hingehen wird, das werden wir sehen.
Ulrich Milde©
Leipziger Volkszeitung